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Tigerstaaten

Als Tigerstaaten werden die sich wirtschaftlich schnell entwickelnden Staaten Südkorea, Taiwan und Singapur sowie die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong bezeichnet. Die in den 1980ern geprägte Bezeichnung stammt daher, dass diese vier Staaten bzw. Zonen mit einem hohen Wirtschaftswachstum von Entwicklungsländern zu Industriestaaten wurden. Die dabei gezeigte hohe Dynamik erinnerte an die kraftvolle Energie des Tigers, der zum Sprung ansetzt.

Die wirtschaftliche Entwicklung kann in Phasen untergliedert werden:

  • Im Ausgangsstadium waren die Staaten wirtschaftlich betrachtet unterentwickelt, dazu zählen z.B. Rohstoffarmut, geringe landwirtschaftliche Nutzbarkeit und hohe Analphabetenrate, und waren daher von dem Import von industriellen Produkten abhängig.

  • Um diesen Missstand zu beenden wurde eine Politik der importsubstituierenden Industrialisierung betrieben indem Leichtindustrie angelockt wurde, die vor allem an den niedrigen Löhnen, geringem Schutz der Arbeiter und dem Fehlen von Gewerkschaften interessiert ist, sowie der unternehmerfreundlichen Wirtschaftspolitik durch Sonderwirtschaftszonen und geöffneten Städten, um so kostengünstig zu produzieren. In dieser Zeit ging die Entwicklung von einem Agrar- zu einem Industriestaat, auch wenn sich die sozialen Verhältnisse nur wenig bessern oder gar verschlechtern.

  • Dieser Phase folgte eine Depression der Wirtschaft in den 1990er-Jahren, die durch den Verlust der bisherigen Standortvorteile durch das Entstehen von Gewerkschaften und den damit verbundenen sozialen Forderungen oder auch ein vergleichbares – noch günstigeres – Verhalten in Nachbarstaaten, begründet ist.

  • Auf diese Krise wurde mit dem Aufbau moderner Industrie reagiert, die nicht mehr von ausländischen Investoren gegründet wird. Diese moderne Wirtschaft bot nun höhere Löhne bei gleichzeitiger sozialer Absicherung und brachte in vielen Fällen ein Wachstum des Dienstleistungssektors mit sich.

  • Entscheidend für den Aufbau moderner Industrien sind Investitionen und der Aufbau von Universitäten, Öffnung für den internationalen Handel und politische Stabilität. In Südkorea, Taiwan und eingeschränkt in Hongkong wurde in dieser Phase das politische System demokratisiert.



Probleme der Tigerstaaten

In den Tigerstaaten entwickelte sich zuerst vor allem Niedriglohn-Industrie und später fast ausschließlich Hightech-Industrie, was einer Monokultur gleichkommt, die wiederum Risiken gegenüber Krisen mit sich bringt. Außerdem können schnell Abhängigkeiten von wenigen Rohstoff- und Absatzmärkten entstehen. Ebenso wächst die Industrie so gut wie ausschließlich in den Städten, weshalb die Landbevölkerung in die Städte migriert (Landflucht).

Reagiert wurde darauf mit dem Bau zahlreicher Entlastungs- und Wohnstädte, welche meist vom Staat geplant und gebaut wurden. Ein typisches Beispiel ist der Bezirk Sha Tin in Hongkong, in dem eine Wohnstadt für mehr als eine halbe Million Menschen gebaut wurde. Durch das bis in die 1990er-Jahre hohe Bevölkerungswachstum in den Städten wurde die Infrastruktur stark belastet. Momentan ist die Bevölkerungsentwicklung in den Flächenstaaten Südkorea und Taiwan von einer immer stärkeren Bedeutung der Hauptstadt geprägt. Sudogwon, der Ballungsraum von Seoul, ist der zweitgrößte Ballungsraum der Welt, nahezu die Hälfte aller Südkoreaner lebt in der und um die Hauptstadt. Ungefähr ein Drittel aller Taiwaner lebt im Ballungsraum von Taipeh. Im Kontrast dazu leiden die ländlichen Gebiete schon heute unter starker Abwanderung. Was dies so brisant macht, ist der gleichzeitige natürliche Rückgang der Bevölkerung in diesen Gebieten, der seit diesem Jahrzehnt eingesetzt hat. Mittlerweile leiden auch schon viele andere Zentren, wie Kaohsiung und Busan unter Bevölkerungsverlust, um die Nachfrage nach Arbeitskräften in den Hauptstädten zu befriedigen.

Viele ost- und südostasiatische Großstädte besaßen bis in die 90er Jahre nicht einmal ein U-Bahn-Netz. Eine weitere Herausforderung ist es, sicherzustellen, dass die industrielle Entwicklung die Schere zwischen Arm und Reich nicht zu weit auseinanderklaffen lässt und die Entwicklung zu einem Industriestaat nicht auf Kosten der sozialen Entwicklung geschieht.

Ein weiteres Problem, von denen die vier Tigerstaaten betroffen sind, ist ein starker Geburteneinbruch seit den 90er Jahren. Die Fertilitätsraten lagen 2005 in Taiwan bei 1,12, in Südkorea bei 1,08, in Singapur bei 1,25 und in Hongkong bei 0,96 Kindern pro Frau. Somit werden die Bevölkerungszahlen in den nächsten Jahrzehnten anfangen, immer stärker zu fallen. Gleichzeitig steigt die Zahl der alten Menschen rasanter an als irgendwo anders in der Welt. Sollte der Trend anhalten, dann werden die Tigerstaaten noch größeren demographischen Problemen gegenüberstehen als die westeuropäischen Staaten. Singapur und Hongkong, zwei Stadtstaaten, können diese Probleme durch Zuwanderung ausgleichen. Ob eine verstärkte Zuwanderung in die sehr homogenen Gesellschaften Taiwan und vor allem Südkorea stattfinden wird, ist ungewiss.

 


Anmerkung

Vereinzelt wird der Begriff „Tiger-Staaten“ auch für die 13 Staaten verwendet, auf deren Staatsgebiet sich noch Restpopulationen des Tigers befinden.


Quellen

Bildnachweis

Weblinks